Zwei Jahre nach der Veröffentlichung von „TOURNEE" hatte sich die deutsche Musiklandschaft radikal geändert. Die „Neue Deutsche Welle" führte 1982 zu einem bis dahin praktisch nicht vorhandenen Bewußtsein der deutschen Sprache in einem musikalischen Rahmen, der stark vom britischen „New Wave" beeinflußt war. Minimalismus war angesagt. Alles war erlaubt. Auch KRAAN, die sich ihre eigene musikalische Ästhetik längst erarbeitet hatten, zu der sicher immer auch die mit Blick nach vorne gerichteten musikalischen Freiräume des Experimentierens gehörten, markierten mit „NACHTFAHRT" auf den ersten Blick einen musikalischen Neuanfang. Bei genauerer Betrachtung entpuppte sich „NACHTFAHRT" allerdings als Fortsetzung und Weiterentwicklung zugleich, in die sich die KRAAN-typische Instrumentierung hervorragend einbauen ließ. Minimalismus, der im Pop-Kontext immer schon direkten Ausdruck bedeutete, fügte sich in „Wintruper Echo", „Elfenbein" und „Playing for you" mal kraftvoll, mal sinnlich ins KRAANsche Harmonieverständnis ein. Die langen instrumentalen Kompositionen verschwanden mit Ausnahme des wunderschönen „Luna Park" und dem Titelsong „Nachtfahrt", die emotionale Intensität blieb. Wenn auch nicht lange. Gerry Brown, der schon auf Stanley Clarkes „School Days" getrommelt hatte und für „NACHTFAHRT" weitaus weniger spektakulär, sondern Song orientierter spielte, komplettierte das fünfte KRAAN-Line-Up, das leider nur noch die „Nachtfahrt"- Tour überlebte.

Hellmut Hattler (Bass,Voice), Gerry Brown (Drums), Ingo Bischof (Keyboards), Peter Wolbrandt (Gitarre, Voice), Jan Fride (Drums bei „Wintruper Echo", „Playing for you" und „Viel zu heiss")

Digital remastert von Tom Meyer mit dem Sonic Solutions-Programm.

Michael Loesl 7/2000